„Damnatio Memoriae“ und warum kaum ein Nürnberger mehr Dr. Max Süssheim kennt.

 

Die Süßheims, Unternehmer, Politiker, Wissenschaftler, Sammler, herausgegeben von Michael Diefenbacher (= Quellen und Forschungen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg, Band 39), Nürnberg 2018, ISBN 978-3-925002-39-7.

 

Familie Süßheim, Nürnberg? – Wenig verwunderlich, dass dieser Name bis vor kurzem nicht allzu vielen Nürnbergern ein Begriff war, war er doch infolge nationalsozialistischer Hetze und Verfolgung (allen voran in Gestalt von Julius Streicher oder Wilhelm Liebel) für Jahrzehnte aus dem kollektiven Gedächtnis der Stadt getilgt, gestrichen, gelöscht gewesen. Das tragische Finale hatte der Selbstmord der Witwe des1933 verstorbenen Rechtsanwalts und bekannten deutschen Sozialdemokraten Dr. Dr. Max Süßheim, Hedwig Süßheim, noch am Tag nach der Reichskristallnacht im November 1938 gesetzt.

Erst knapp achtzig Jahre später sollte der Name wieder ins öffentliche Bewusstsein rücken, als in die USA emigrierte Nachfahren der Familie 2015 das Stadtarchiv besuchten und eine viel beachtete Ausstellung in der Norishalle gezeigt wurde. In der Folge entstand die vorliegende Familiengeschichte. Als Sammelband in neun sorgfältig recherchierten Einzelstudien dokumentiert und rekonstruiert sie auf 426 Seiten den Aufstieg und Fall jener fränkisch-jüdischen Bürgerfamilie in Nürnberg von 1870 bis 1938, die bis dahin noch in aller Munde gewesen war.

Während die Beiträge von Ch. Porzelt („Die Familie Süßheim in Kronach“), B. Ohm („Die Fürther Familie Morgenstern“) und G. Jochem („Zum jüdischen Hopfenhandel in Nürnberg vor 1945“) die frühe Familiengeschichte beleuchten, zeichnet D. Radlmaier in seiner Funktion als Provenienzforscher der Stadt in der ebenso zentralen wie umfangreichen, knapp 100-seitigen Untersuchung „Die Süßheims in Nürnberg…“ akribisch deren Schicksal und das ihrer Sammlungen bis in die NS-Zeit nach. Thematisch ergänzt wird sie durch A. Landois‘ Studie zur Bedeutung der „Sammlung Süßheim als Depositum im Stadtarchiv Nürnberg…“.

 

Dr. Max Süssheim: „Ein Sohn des Volkes wollt er sein…“

 

„Ein Sohn des Volkes wollt er sein…“, so betitelt G. Jochem seine Recherchen zum Politiker Max Süßheim, der in „M.S. Streichers größter Gegner“ im Fokus von K. Gardills Beitrag steht. J. Schmidt dagegen skizziert die Biografie des Orientalisten „Prof. Karl Süßheim als Vermittler zwischen Orient und Okzident…“. Am Ende stehen die von H. Leder im Rahmen einer persönlichen „Zeitzeugen-Befragung“ in aller Kürze festgehaltenen Erinnerungen der 1929 geborenen, in New York lebenden Margot Süßheim: „Eigentlich ein ganz normales Leben…“, wie sie findet.

Es folgen Kurzbiografien der Autor(inn)en, englische „Abstracts“ für ein internationales Publikum, Register zu Personen und Institutionen sowie ein erfreulich opulenter Abbildungsteil. Literatur und Quellen ergeben sich aus dem Fußnotenapparat der jeweiligen Beiträge.

Eine vorbildlich recherchierte Familiengeschichte – der hoffentlich noch viele ähnliche folgen werden.

Ein Bericht über die Ausstellung 2015 finden Sie HIER