Kirchnerhaus Aschaffenburg: Das Kirchner Museum Davos zu Gast im Geburtshaus des Künstlers

Der Maler Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938) gilt heute als bedeutender Vertreter des Expressionismus, doch sein Vermächtnis war nicht immer gleichermaßen gewürdigt. Im Nationalsozialismus als „entartete Kunst“ gebrandmarkt und nach dem Krieg durch neue Kunstrichtungen verdrängt, dauerte es einige Jahre und Jahrzehnte, bis man sich seiner kunsthistorischen Bedeutung wieder bewusst wurde. Die Museen, die heute in seinem Geburtsort Aschaffenburg sowie seinem langjährigen Wohnort Davos an ihn erinnern, haben nun in Kooperation eine außergewöhnliche Sonderausstellung konzipiert, die vom 17. Februar bis zum 21. Juli 2024 eine große Auswahl an Werken aus den Beständen des Kirchner Museums Davos in Aschaffenburg zeigt. Der Katalog „Das Kirchner Museum Davos zu Gast im Geburtshaus des Künstlers“ stellt diese Werke im Kontext der Biografie des Künstlers vor und erzählt darüber hinaus von der Entstehungsgeschichte der beiden verantwortlichen Museen.

 

 

Ein bewegtes Künstlerleben

Während seiner Studienzeit in Dresden gründete Kirchner 1905 mit Studienkollegen die Künstlergemeinschaft „Brücke“, die ganz neuartige künstlerische Ziele verfolgte. Neben der Aktmalerei im Atelier malte er ab 1909 vor allem  Akte in freier Natur. Im Jahr 1911 zog er nach Berlin, wo er seine berühmten Straßenbilder schuf. In den Jahren 1912 bis 1914 reiste er auf die Insel Fehmarn, wo in den Sommermonaten eine Fülle von Kunstwerken entstand. Im Ersten Weltkrieg meldete er sich freiwillig, erlitt aber 1915 einen Nervenzusammenbruch und musste in Sanatorien behandelt werden. In Königstein schuf er im Sanatorium Dr. Oskar Kohnstamm einen Zyklus von Wandgemälden, die leider nur noch in wenigen Spuren und digitalen Rekonstruktionen erhalten sind.

1917 siedelte Kirchner nach Davos über, wo er nach wie vor mit seinen Gesundheits- und Medikamentenproblemen zu kämpfen hatte. In der Schweiz veränderte sich sein Malstil, auch beeinflusst von den beeindruckenden Landschaften der Alpenregion und dem Leben der Menschen dort. Beides hielt er in zahlreichen Aquarellen, Zeichnungen, Druckgrafiken und Gemälden fest. Auch für die Webkunst interessierte er sich und schuf einige textile Werke, die in der neuen Ausstellung des Kirchnerhauses teils zum ersten Mal gezeigt werden. In den 1930er Jahren litt der ohnehin psychisch labile Kirchner zusätzlich unter der zunehmenden Diffamierung seiner Arbeit durch den Nationalsozialismus. Dies und seine Abhängigkeit von Medikamenten trugen dazu bei, dass er im Jahr 1938 Selbstmord beging. Licht und Schatten seines bewegten Lebens finden sich wieder in der Bandbreite seiner Werke, die durch die im Katalog gezeigte Auswahl gut widergespiegelt wird.

Das Kirchner Museum Davos zu Gast im Geburtshaus des Künstlers, herausgegeben vom Kirchnerhaus Aschaffenburg, ist mit der ISBN 978-3-96049-126-2 im Verlag PH.C.W. Schmidt erschienen, der Ladenpreis beträgt 19,50 €.