Gourmets und Sternekochende aufgemerkt! Längst vergessene Delikatessen entdecken und neu interpretieren? Lust auf fränkische Quitten-Krapfen, „Hippen“-Häppchen oder auch mal einen guten „Bodeng“? Oder rechtzeitig zur Advents- und Weihnachtszeit statt Altbackenem einmal trendiges Retro-Food aus der Zeit der Aufklärung,  der Sturm und Drang-Zeit oder der Klassik?

Koch-Buch von Demoiselle Carolina Maria Ledererin in Münchsteinach 1789 (= Schriften zur Münchsteinacher Geschichte Band 3), hg. vom Fremdenverkehrs- und Heimatverein Münchsteinach, Münchsteinach 2022, ISBN 978-3-00-071117-6.

 

Faksimile Kochbuch 18. Jh.

 

So kochte man in Franken im 18. Jahrhundert. Von vegan bis Wild mit Butter!

Den 53 im Original handschriftlichen, hier in der Erstveröffentlichung reproduzierten Seiten auf der linken Seite stehen der Lesbarkeit und besseren Verständlichkeit halber rechts entsprechende Transkriptionen gegenüber. Voraus geht der Edition nebst Vorwort und Daten zur Familie Lederer (E. Zimmermann) eine allgemeine sozialgeschichtliche Einordnung (A. Treiber). Angefügt sind ein Rezeptverzeichnis zum Überblick sowie (durchaus hilfreich) ein Glossar und diverse Anmerkungen. Entdeckt wurde das Manuskript übrigens weder im Archiv auf noch einem verstaubten Dachboden – sondern im Internet, von Beate Kaiser.

Welsche Nüß, Veilchensaft und Morcheln.

Das Kompendium der angehenden Hausfrau gehobenen Standes beginnt mit „eingemachten Sachen, und Säftten“, darunter Quitten-Brot und eingeweckte Weichseln oder Sauerkirschen. Es folgen vom heutigen Speiseplan so gut wie verschwundene Leckereien wie eingelegte „welsche Nüß“ (Walnüsse) oder – oh blaues Wunder! – Veilchensaft (S. 27) – garantiert ohne Farb- und Zusatzstoffe! Unter den Suppen zählen die aus gebratenen Vögeln (S. 41) oder Hagebutten auf S. 43 – veganissimo! – heute eher zu den „lokalen Exoten“. Zutaten wie Morcheln, Mandeln oder Zitronen dagegen überraschen ebenso wie der reichliche Gebrauch von Gewürzen wie Ingwer, Nelken, Kardamom, Muskatblüte oder aber das heute bei uns aus dem Gebrauch gekommene Rosenwasser.

Weniger vegan: Krebse, Austern und WIld.

Heimische Krebse, Schnecken und sogar (importierte!) Austern gehörten neben Wild aller Art ebenso zu den gebratenen „Feinschleckereien“ wie die Kunst, „einen Kalbskopf in Speckbrühe“ (S. 63) oder „einen gepresten wilden Schweins-Kopf zu machen“, also eine Art Wildschwein-Terrine (S. 67), ein von der französischen Mode inspiriertes „Böhflemod“ („Boeuf à la mode“, S. 75) oder auch „Schnepfen gut zuzurichten“ (S. 77). Dominiert wir das Kochbuch, das nur bedingt auch Rückschlüsse auf die Alltagskost im Hause Lederer zulässt, jedoch klar von Rezepten für Gebackenes in jeglicher Facon: Schmalzgebäck (S. 31 ff.) und Pasteten (S. 55 ff.), etwa pikant gefüllt mit Hecht oder Hasenfleisch, auffallend viele verschiedene Arten von „Schnitten“, Küchlein oder Klößchen, süß oder deftig, aber auch für Kuchen wie Gugelhupf, für Waffeln und Torten (S. 51 ff. und 79-125), sehr häufig unter einer wahrhaft abundanten überraschenderweise von Eiern, Butter, Süßrahm, sprich Sahne, und Zucker, der erst noch mühsam zerstoßen werden musste!

Apropos gesunde, vollwertige und ökologisch korrekte Ernährung: Ob tierische Produkte von damals wohl unseren heute gängigen Ansprüchen an Haltungsform und Tierwohl gerecht werden könnten? Der heutige Nutri-Score so mancher Leckerei (in Zeiten, als es auch hierzulande noch Hungerleider zuhauf gab) dürfte dank nahr- und schmackhaftem Zucker- und Fettgehalt über die Note „C“ wohl nicht hinauskommen. Vorbildlich aus heutiger Sicht dagegen einerseits die Verwendung überwiegend regionaler Lebensmittel, ja, andererseits dann aber auf langen Wegen importierte, kostspielige Zutaten – als Ausdruck von Wohlstand oder Luxus.

Appetit auf „neues“ Altes? Auf Trendiges aus Tradition? Die Umschlagrückseite zeigt Fotos der von Mitgliedern des Heimatvereins nachgekochten und -gebackenen Speisen: Und wenn diese nur halb so gut schmecken wie sie aussehen, dann schon einmal „Bon appetit“ oder „Wohl bekomm‘ s!“!

Unser Tipp: Ein perfektes Geschenk für alle Feinschmecker!