Museum im Kulturspeicher Würzburg (Hrsg.): Valentin Schwab. Eine Retrospektive

 

Als einen „kosmopolitischen Heimatpfleger“ und „revolutionären Traditionalisten“ bezeichnete ein Reporter des BR den Fotografen und Filmemacher Valentin Schwab im Jahr 2001. Ein scheinbarer Widerspruch, der sich im Lebenswerk von Valentin Schwab auflöst: Gerade aus seiner Weltläufigkeit heraus konnte Valentin Schwab seine Heimat mit umso wacheren Augen ansehen, und aus seiner revolutionären Haltung entspringt der Wunsch, den als lebensfeindlich empfundenen Entwicklungen der ländlichen Kultur in Unterfranken ein anderes Bild entgegenzusetzen. Unterfranken steht dabei als eigener Lebensraum, eine gewachsene Kultur für sich – und ist doch beispielhaft für Regionalkulturen auf der ganzen Welt, die mit der Globalisierung ihr Gesicht verlieren.

 

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„Hommage à Franken“ – „LAND“

Während Valentin Schwab seine fotografische Arbeit über seine Heimat zunächst noch „Hommage à Franken“ nannte, ging er in späteren Lebensjahren dazu über, die Werkreihe einfacher und universeller mit „LAND“ zu betiteln. Von den 1970er Jahren bis zu seinem Tod 2012 arbeitete Schwab an diesem für ihn zentralen Werkkomplex, der im Kontext seines Kosmopolitismus zu verstehen ist. Konsum- und Kapitalismuskritik spielen hier eine ebenso große Rolle wie die Fragen nach der Kraft der Kunst zur gesellschaftlichen Veränderung und der Notwendigkeit, Kunst und Menschen wieder näher zusammenzubringen.

 

Nähe zum Menschen – und das in aller Welt

Dass Schwabs fotografische Arbeit so wenig bekannt geworden ist, liegt zum Teil sicher an seiner absoluten Hinwendung zum Werk. Es ging ihm nicht um Erfolg, sondern stets um die Sache an sich – und dafür scheute er keine Mühen: Als Kameramann war Valentin Schwab weltweit unterwegs. Es entstanden Fotos, die eindrucksvoll seine Nähe zu den Menschen in aller Welt zeigen, Porträts, die von Sympathie und Respekt getragen sind. Die Offenheit, mit der die Dargestellten dem Fotografen in diesen Fotos begegnen, zeichnet auch die Porträts der fränkischen Bauern und Bäuerinnen aus, die Schwab seit den 1970er Jahren fotografierte. Hier wird seine besondere Gabe, mit Menschen umzugehen, spürbar. Er konnte, wie er selbst einmal sagte, mit den Leuten reden, auch wenn er deren Sprache nicht kannte.

 

Dokumentieren, bewahren, in Frage stellen

Valentin Schwab interessierte sich gleichermaßen für die Menschen wie für ihre Lebensräume, überzeugt davon, dass Lebensqualität und sozialer Zusammenhalt auch von der gebauten und gestalteten Umwelt abhängen. Das ländliche Leben aber, wie es ihm aus seiner Kindheit vertraut war, schwand. Fast obsessiv durchwanderte Valentin Schwab daher unterfränkische Dörfer und das Land mit seiner Kamera, um den Ist-Zustand zumindest auf dem Bild festzuhalten und zu erhalten. So ist ein einzigartiges Archiv fotografischer Aufnahmen des ländlichen Lebens entstanden. „Die Fotografie hat einen archäologischen Charakter, der immer wichtiger wird, um unsere Vergangenheit näher zu bringen“, äußerte Schwab einmal über seine Arbeit. „Nur, wenn wir unsere eigenen Wurzeln kennen, können wir auch in die Zukunft blicken.“

 

„Mich interessiert, was damit zusammenhängt, und das ist der Mensch.“

Nicht das Einzelwerk war für Schwab relevant – so sorgsam er jedes einzelne Foto auch gestaltete –, sondern letztlich der Werkzusammenhang. All dies ist Teil einer konzeptuellen Herangehensweise, „die Zusammenhänge zwischen Mensch und Arbeit, Architektur und Material, Arbeit und Landschaft zu erfassen sucht“, betonte Schwab selbst. „Mich interessiert, was damit zusammenhängt, und das ist der Mensch.“ Diese intensive Hinwendung zum Menschen zeichnet den Fotografen und Kameramann Valentin Schwab aus und prägt sein Künstlertum. Seine tiefe Humanität wird in seinem gesamten Werk spürbar und verleiht seinen Bildern eine nicht nachlassende Kraft und Eindringlichkeit. Davon kann man sich in dieser Publikation überzeugen.

 

Museum im Kulturspeicher Würzburg (Hrsg.): „Valentin Schwab. Eine Retrospektive“ erschienen im Verlag P.H.CW. SCHMIDT aus Neustadt an der Aisch, ISBN 978-3-87707-280-6, Ladenpreis 28,00 €.