Hans-Wolfgang Bergerhausen, Protestantisches Leben in Würzburg während des 16. Jahrhunderts

Eine Annäherung, Begleitband zur Ausstellung des Stadtarchivs, hg. vom Stadtarchiv Würzburg (= Sonderveröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg, Band 10), Würzburg 2017, ISBN 978-3-87707-115-1.

Was das 500-jährige Jubiläum des Thesenanschlags Luthers 1517 mit dem „katholischen“ Würzburg zu tun hat? Ob der allenthalben nicht nur in Deutschland mit Ausstellungen bedachte und geehrte Reformator – weit über die Nationalen Sonderausstellungen in Berlin, auf der Wartburg und in Wittenberg hinaus – überhaupt jemals persönlich in der Bischofsstadt am Main war? Wie man dort auf die „neue Lehre“ der Protestanten reagierte? – Diese und andere Fragen wird Ihnen der vorliegende, angenehm übersichtliche Ausstellungsband rasch und gründlich beantworten.

In einer profunden Einleitung auf 57 Seiten nähert sich der Autor, unter Mitarbeit von Stadtarchivar Axel Metz sowie Sybille Grübel und Renate Schindler nicht nur den historischen Gegebenheiten des „protestantischen Würzburg“ im 16. Jahrhundert an, wie der Titel andeutet, er führt den Leser vorbildlich ins Thema ein, erläutert die schwierige Überlieferungssituation und bewertet im Grunde auch die Quellen der Zeit neu. Die Anfänge der Reformationszeit unter Fürstbischof Lorenz von Bibra und der Bauernkrieg werden ebenso eingehend behandelt wie der spezifische „Würzburger Protestantismus“ in der zweiten Jahrhunderthälfte. Eine erfreulich bündige Bilanz bildet den Abschluss, ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis rundet die Darstellung ab. Für den Nichthistoriker wäre hier vielleicht das große, keineswegs überholte Nachschlagewerk Brandmüller, Walter (Hg.), Handbuch der Bayerischen Kirchengeschichte, Band II, St. Ottilien 1993, Seiten 133–147, erwähnenswert, dem eiligen Leser käme auch ein Register entgegen.

Den Band beschließen die farblich unterlegten, reich bebilderten und didaktisch hervorragend aufbereiteten 16 Tafeln des Katalogteils, die vom Stadtgrafiker Markus Westendorf gestaltet wurden. Deren erste ist eine hilfreiche Zeittafel, auf der die Stationen der Würzburger Stadtgeschichte von Luthers Geburt und bis zum Ende des 16. Jahrhunderts zwischen die Ereignisse der Reichsgeschichte und lutherischen Konfessionalisierung einerseits und der katholischen Reform andrerseits zeitlich eingebettet und verortet sind. Weitere Tafeln beleuchten schlaglichtartig bemerkenswerte und historisch greifbare Aspekte des Würzburger Lebens im Reformationszeitalter. Sie befassen sich mit dem Ablasshandel und seiner Rezeption in der Bischofsstadt ebenso wie mit der spekulativen Haltung des Lorenz von Bibra, Luthers beiden Aufenthalten in Würzburg 1518, mit lutherischen Predigten (auf der Domkanzel!), Büchern, Schulmeistern und grundlegenden Positionen – im Gegensatz zu denen der römischen Kirche – ebenso wie auch mit dem Bauernkrieg, Würzburger Studenten in Wittenberg, mit sonstigen städtischen Aktivitäten der Protestanten, ihrem Friedhof, der „Entlassung“ aus dem Rat 1587 durch Bischof Julius Echter und ihrem vergeblichen Widerstand.

Eine weitere Besprechung des Bandes und den Bericht über die Buchpräsentation am 5. Mai 2017 in Würzburg im Rathaus lesen sie HIER und die Pressemitteilung zur Eröffnung der Ausstellung können sie HIER einsehen.

Fortführung der Austellung:  „Protestantisches Leben in Würzburg während des 16. Jahrhunderts“

Ab Juni 2017 bis Ende Oktober 2017 ist die Ausstellung „Protestantisches Leben im 16. Jh. in Würzburg“ in der Kirche St. Stephan in Würzburg täglich von 9.00-17.00 Uhr – außerhalb der Gottesdienstzeiten – zu sehen. Der Eintritt ist frei.